In meinem Roman „Den Traum im Blick“ lasse ich den Protagonisten die Premiere des Films „Der blaue Engel“ besuchen. Er will über Marlene Dietrich schreiben, kommt aber nicht dazu, weil sie direkt nach der Premiere abreist. Bei der Suche nach einer ebenso erfolgsversprechenden Schauspielerin, mit deren Hilfe er als Biograph berühmt werden könnte, entdeckt er Herti Kirchner, die wie Marlene Dietrich von Karl Vollmoeller protegiert wird. Bei der Recherche für den Roman habe ich mich nur mit der kurzen Episode im Leben von Marlene Dietrich beschäftigt, deshalb war ich, als ich für einen Adventskalender Porträts über starke Frauen schreiben sollte, und mehr über ihr Leben erfuhr. Ich wusste nicht, dass es über sie einen Eintrag in der Gedenkstätte deutscher Widerstand in Berlin gibt und sie sowohl in Frankreich als auch in den USA für ihr Engagement im Zweiten Weltkrieg ausgezeichnet wurde.
Die Schauspielerin ist zwar nicht, wie manch andere Frauen in diesem Blog, vergessen, aber ein Teil ihrer Leistungen wurde lange verschwiegen. Doch von vorne.
Das Leben von Marlene Dietrich
Marlene Dietrich wurde am 27. Dezember 1901 in Berlin geboren und wuchs dort bis zum frühen Tod ihres Vaters 1908 behütet auf. Sie erhielt Geigen- und Klavierunterricht und lernte Französisch und Englisch mit Blick auf eine mögliche Karriere als Konzertgeigerin. Zwar konnte ihre Mutter, die aus einer wohlhabenden Familie stammte, danach sicher den Lebensstandard aufrechterhalten, allerdings heiratete sie neu, was einen Umzug nach Dessau mit sich brachte, der neue Ehemann fiel im Krieg, was erneut Unruhe in Marlenes Leben brachte. Vermutlich zog die Witwe mit den Töchtern dann wieder nach Berlin, denn dort besuchte Marlene ab April 1917 die Schule, die sie aber Ostern 1918 ohne Abschluss verließ. Anfang der 1920er-Jahre entdeckte sie ihre Leidenschaft für das Theater und hatte Glück und Talent genug, um 1922 beim Deutschen Theater und 1923 im Film erste Rollen zu bekommen. Den Durchbruch hatte sie allerdings erst 1929/30 mit der Hauptrolle in der Verfilmung Heinrich Manns Roman „Professor Unrat“. Karl Vollmoeller hatte für den Film „Der blaue Engel“ das Drehbuch geschrieben, Regisseur Josef von Sternberg auf Marlene Dietrich aufmerksam gemacht und wohl auch insistiert, sie für die Rolle zu besetzen. Der Kontakt zu Josef von Sternberg brachte der Schauspielerin noch während des Drehs Filmverträge in Hollywood ein, sodass sie Berlin und Deutschland tatsächlich direkt nach der Premiere verließ.
Marlene Dietrichs Engagement gegen NS-Deutschland
1936 versuchte Propangandaminister Josef Goebbels sie mit hohen Gagen und dem Versprechen, dass jeden Filmstoff und die Mitarbeiter der Filmcrews frei wählen durfte, nach Deutschland zurückzuholen. Marlene Dietrich lehnte ab und ließ zudem verlauten, sie käme ohnehin nicht in ihre Heimat zurück, solange Hitler dort regiere. Stattdessen unterstützte sie von ihrem zeitweiligen Wohnsitz in Paris aus, Künstler:innen aus Deutschland zu fliehen und als der Krieg begann, sammelte sie in den USA Spenden zur Finanzierung des Kriegs gegen die Deutschen. Sie engagierte sich in der Betreuung der US-Truppen und trat in vor deutschen Kriegsgefangenen auf. Für diesen Einsatz wurde ihr 1947 in den USA der höchste Orden verliehen, auch in Frankreich zeichnete die Regierung sie 1950 für ihren Widerstand aus. Nur in Deutschland erlebte sie eine solche Würdigung nicht mehr. Als sie 1960 erstmals wieder nach Deutschland kam, wurde sie mit „Marlene, go home“-Rufen empfangen und als Vaterlandsverräterin beschimpft, sodass dies ihr einziger Besuch blieb. Selbst zu ihrer Beisetzung in ihrer Heimatstadt Berlin 1992 hieß es von der Kollegin Evelyn Künnecke, Marlene habe ihr Vaterland verleumdet, sie selbst sagte, sie hätte nur kritisiert, dass Marlene Dietrich vor amerikanischen Soldaten gesungen hätte, während deutsche Soldaten verbluteten. Naja, das ist zwar anders formuliert, aber ich finde es für 1992 doch unkritisch bzw. unsensibel gegenüber dem, was man da schon über die NS-Zeit und den Krieg wusste. Diesen Teil des Lebens kannte ich nicht und werde mich direkt nach Biographien umsehen, um zu prüfen, was ich sonst verpasst habe. Marlene Dietrich war für mich die Schauspielerin, die es in den 30er-Jahren nach Hollywood geschafft hatte, das fand ich toll, interessant finde ich ihr Verhalten in der NS-Zeit, das so wenig bekannt ist. © April 2024 Dr. Birgit Ebbert www.vergessene-frauen.de www.birgit-ebbert.de
🙂 Die Bücher fürs Titelfoto habe ich tatsächlich in meiner Bibliothek gefunden, aber noch nicht gelesen. Ähem! Das hole ich jetzt nach.
Marlene Dietrich in meinem Roman 🙂
Links zum Artikel
Marlene Dietrich in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Lebenslauf von Marlene Dietrich auf LeMO
Fünf Dinge, die uns Marlene Dietrich lehren kann (Deutsche Welle)
Evelyn Künnecke über Marlene Dietrich 1992