Auf Maria Herz bin ich erst durch den Roman „Die Komponistin von Köln“ von Hanka Meves (emons 2024) aufmerksam geworden. Das kann daran liegen, dass Musik nicht mein Schwerpunkt ist, ich vermute aber, dass es daran liegt, dass sie als jüdische Komponistin in den 30er-Jahren Deutschland verlassen musste, 1950 in Israel gestorben ist und sich in Deutschland jahrzehntelang niemand um die kulturellen Opfer der Nationalsozialisten kümmerte. Aber genau zur Erinnerung an solche Frauen, habe ich diesen Blog eingerichtet.
Das Leben von Maria Herz
Maria Herz wurde am 19. August 1879 als jüngstes Kind und einzige Tochter eines Kölner Textilhändlers geboren. Sie hat schon als Kind ihre Leidenschaft für die Musik entdeckt, spielte anfangs Cello und später Klavier. 1901 wanderte sie mit ihrem Ehemann Albert Herz nach England aus, wo sie Konzerte gab und den ersten Unterricht im Komponieren erhielt. Als Kind des 19. Jahrhunderts, in dem Frauen noch viel verwehrt war, hatte sie das Glück, einen aufgeschlossenen Ehepartner an ihrer Seite zu haben, der sie unterstützte und ihren Weg gehen ließ. Das war nur möglich, weil er gut verdiente und die Familie sich den für jene Zeit üblichen Lebensstandard einer Bürgerfamilie leisten konnte, Kindermädchen, Köchin, Hausmädchen. Bis 1914 ging das Leben und die Karriere von Maria Herz also stetig aufwärts. Dann reiste sie im Sommer zur Hochzeit des Schwagers nach Köln und konnte wegen des Ersten Weltkriegs, in dem Deutschland und England auf verschiedenen Seiten kämpften, nicht zurück in ihre Wahlheimat Yorkshire. Nicht nur das, ihr Ehemann Albert wurde eingezogen und musste im Krieg kämpfen. Er überlebte den Einsatz zwar, starb jedoch 1920 an der damals grassierenden Spanischen Grippe. Maria Herz gelang es nur mit Hilfe der Musik, die Trauer um ihren geliebten Mann zu überwinden. In den nächsten fünfzehn Jahren schrieb sie ihre Hauptwerke, immer im Austausch mit namhaften Musikern jener Zeit. Einige davon wurden von namhaften Orchestern und Ensembles aufgeführt, möglicherweise, weil sie den Vornamen ihres Mannes vor den ihrigen setzte und der eine oder andere im ersten Moment dachte, es handele sich bei Albert Maria Herz um einen männlichen Komponisten. Dann setzten die Nationalsozialisten ihrer Karriere ein Ende, ihre Werke wurde nicht mehr aufgeführt und die Familie erahnte früh die Folgen der Politik des neuen Herrschers. Sie überlebte den Krieg nach Stationen in der Schweiz, Frankreich und Großbritannien mit ihrem Sohn in Birmingham und wanderte später zu ihren Töchtern in die USA aus, wo sie am 22. Oktober 1950 starb.
Wie Maria Herz wiederentdeckt wurde
Ich habe mich beim Lesen des Romans über Maria Herz gefragt, warum mir diese Frau nicht früher begegnet ist. Immerhin habe ich in den letzten Jahren viel Zeit damit verbracht, für mögliche Romanprojekte und eine Buchidee historische Frauenpersönlichkeiten zu recherchieren. Inzwischen weiß ich es, 2015 hat Maria Herz‘ Enkel den Nachlass seiner Großmutter der Zentralbibliothek in Zürich geschenkt. Danach wurde ihr Werk langsam wiederentdeckt, ich fand aus dem Jahr 2020 eine Sendung vom Deutschlandfunk über die Komponistin. Danach war es noch ruhig, aber 2023 hat die Sängerin Christiane Oelze zusammen mit dem Asasello-Quartett und das E-MEX-Ensemble für Neue Musik einen Auszug aus den Werken im und für den Deutschlandfunk unter dem Titel „Sterne steigen dort“ veröffentlicht. 2024 wurde Maria Herz‘ Leben und Werk zum Thema in vielen Medien, ausgelöst durch die Aufführung einiger Werke für Klavier, Celle und Orchester durch das Rundfunk Sinfonieorchester Berlin unter der Leitung von Christiane Silber und die Solisten Oliver Triendl und Konstanze von Gutzeit und die kanadische Pianistin Aude St-Pierre hat die Klaviersonaten aufgenommen. Ob es Zufall oder Planung ist, dass parallel im Kölner Emons Verlag der Roman „Die Komponistin von Köln“ von Hanka Meves erschienen ist, weiß ich nicht, mich hat der Roman jedenfalls auf das spannende Leben aufmerksam gemacht, sodass – da bin ich oldschool 🙂 – die CDs mit dem Werk auf meinem Weihnachtswunschzettel stehen 😊 © Oktober 2024 Dr. Birgit Ebbert www.vergessene-frauen.de
PS: Bei der Suche nach den CDs habe ich auch noch entdeckt, dass am 1. September ein Buch mit einer biografischen Abhandlung erschienen ist: „
Links von Artikeln, Audio- und Videobeiträgen über Maria Herz
„Im Exil des Vergessens“ Deutschlandfunk 11.12.2020 (Sendung und Artikel)
„Der Stille entrissen“ Deutschlandfunk 11.03.2024
„Die Komponistin Maria Herz – Wiederentdeckung einer Vergessenen“ (WDR 26.05.2024)
Wikipedia-Eintrag über Maria Herz mit Links zu Hörbeispielen
Für das Beitragsbild habe ich einen Ausschnitt aus dem Cover fotografiert.