Mary Delany (1700-1788) und ihre Blumen-Mosaike aus Papier

In einem Buch über Art in Paper ist mir zwischen Artikeln über Techniken zur künstlerischen Bearbeitung von Papier wie Origami, Quilling, Scherenschnitt Mary Delany begegnet, genauer gesagt „Mrs. Delany’s Flower Mosaics“, denn das Buch stammt aus Großbritannien und wurde dort 1976 veröffentlicht. Autor ist Carson I. A. Ritchie, der mehrere Bücher über handwerkliche Beschäftigungen wie Elfenbein Schnitzen und eben dieses Buch über Kunst aus Papier geschrieben hat.

Die Papierarbeiten von Mary Delany

Wenn man sich die Blumen-Mosaike der Britin anschaut, denkt man zunächst, es handele sich um ausgeschnittene Blumen, die jemand auf schwarzen Karton geklebt hat oder vielleicht sogar mit einem feinen Pinsel gemalte Blumen. In Wirklichkeit hat Mary Delane viele hunderte Teile aus Seidenpapier ausgeschnitten und diese so aufgeklebt, dass die Blume täuschend echt wirkt. Ihre Freundin, bei der sie lebte, hat sie daher auch prompt konsterniert gefragt, warum sie denn die Blumen auseinanderpflücken würde, als sie die Teile vor Mary Delany liegen sah. Die Künstlerin ging immer nach demselben Prinzip vor, sie stellte eine Blume oder Pflanze in eine Vase, positionierte dahinter einen schwarzen Karton und machte sich dann daran Teil für Teil aus Papier auszuschneiden – ohne etwas vorzuzeichnen. Dann wurde alles auf einen schwarzen Karton geklebt und ggf. nachbearbeitet, hier wurde etwas abgeschnitten, damit die unteren Papierschichten hervorkamen, dort wurden Nuancen, die mit Papierschichten nicht zu erzeugen waren, mit Farbe ergänzt. Was für eine Fleißarbeit! Im ersten Jahr schaffte sie zwei Blumen, im zweiten Jahr sechzehn, im dritten Jahr 160! Insgesamt hat sie 985 Blumen auf diese Weise porträtiert. Die 1.000 hat sie nicht mehr geschafft, weil sie am Schluss nicht mehr gut sehen konnte. Denn, begonnen hat sie mit dieser Arbeit erst im Alter von 74 Jahren! Als ihre Augen schon nicht mehr gut genug waren für Nadelarbeit, Zeichnen und Malen. In knapp fünfzehn Jahren hat sie 985 solcher Fleißarbeit-Werke geschaffen, für das sie das Papier teilweise aus China kommen ließ.

Wieso Mary Delanys Werk und Name überlebt hat

Ich gebe zu, ich hatte den Namen noch niemals gehört, obwohl ich mich mit vielen verschiedenen Facetten der Papierkunst beschäftigt habe. Und wenn ich denke, dass von den Papierwerken meiner Kindheit nichts mehr vorhanden ist, was vermutlich den meisten Erwachsenen so geht, darf man sich wundern, warum diese Kunst überlebt hat. Die Antwort ist leicht, weil sie in unsere Zeit passt wie auch in die Zeit von Mary Delany, die 1700 geboren wurde, sie war gut vernetzt und kannte unter anderem König George III, der zudem ein Fan von Papierkunst war und sie gefordert und gefördert hat. Wenn er auf Reisen eine neuartige Pflanze entdeckte oder sie als Gastgeschenk bekam, reichte er sie an Mary Delany weiter, um sie zu „porträtieren“. In ihren letzten Lebensjahren stellte er der Künstlerin sogar ein kleines Häuschen zur Verfügung, damit sie in Ruhe arbeiten konnte. Denn Mary war zwar zweimal verheiratet, allerdings hatten sich beide Männer nicht darum gekümmert, ihre Frau abzusichern, sodass sie auf die Unterstützung von Freundinnen angewiesen war, als sie 1725 das erste Mal und 1768 zum zweiten Mal Witwe wurde. Auch sonst war Mary Delany gut vernetzt, was mich beim Lesen des deutschsprachigen Wikipedia-Artikels etwas verärgert und amüsiert hat, ehe dort nämlich auf ihre Papierkunst eingegangen wird, wird sie als Autorin einer sechsbändigen Autobiographie mit Briefen von Prominenten dargestellt, was konsequent dazu passt, dass man sie als Briefeschreiberin kategorisiert. Vermutlich war den Autor:innen unwohl dabei, dass Mary Delany erst im Alter von 68 Jahren mit einem eigenen Werk an die Öffentlichkeit kam. Vorher muss sie, das geht aus dem Artikel in meinem Papierkunst-Buch hervor, schon Bilder mit gerolltem Papier, heute sagt man Quilling dazu, hergestellt haben. Dadurch, dass Mary Delany einige Blumen-Porträts auf Anregung des Königs erstellt hat, sind auch einige der Bilder im Königshaus gelandet, wo sie die Zeiten überstanden haben, zudem wurden Papier-Blumen-Bilder aus ihrem Nachlass dem Britischen Museum übergeben, wo heute einige Bilder in der Dauerausstellung zu sehen sind, während die anderen im Depot auf besondere Anlässe warten. Beeindruckt hat mich, ich finde, das sieht man auf den Fotos nicht, dass sie die Bilder mit einem Papierschnitt ihres Namens signiert hat! Außerdem sind auf den Kartons die lateinischen und englischen Namen vermerkt und auf der Rückseite steht mehr oder weniger zur Entstehung, mindestens aber Ort und Datum.

Mary Delanys Leben und Werdegang

Quelle: Henry Colburn (1784-1855) Stiftung Händel-Haus Halle

Die Künstlerin stammt aus einem namhaften britischen Adelshaus, den Granvilles, die früh versuchten, ihre Töchter am Hof zu platzieren, zum Beispiel als Hofdame. Dafür zog die Familie extra zeitweise nach London, bis sich abzeichnete, dass durch einen Wechsel auf dem Thron die Chancen nicht mehr so gutstanden. Mary war froh darüber, konnte sie sich so doch wieder dem Lernen und dem Papierschnitt widmen, das sich in ihrer Kindheit langsam in Großbritannien verbreitete. Ihre Eltern waren damit jedoch nicht zufrieden, sie fanden einen potenziellen Ehemann, der für die Familie bedeutsam, allerdings 43 Jahre älter als Mary war. Fast kann man sagen, dass sie Glück hatte, dass ihr erster Mann Alexander Pendarves bald erkrankte und sie nur acht Jahre in der unglücklichen Ehe aushalten musste. Hätte er sich darum gekümmert, sie finanziell abzusichern, hätte sie nach seinem Tod 1725 unbeschwert leben können. So zog sie – in Ermangelung eines eigenen Heims – von Familie zu Freunden, bis sie 1743 Patrick Delany heiratete, mit dem sie gemeinsame Interessen teilte. In den 25 Ehejahren kümmerte sie sich um den Garten und die Verschönerung des Haushaltes mit Gemälden, Handarbeiten und Blumenarrangements. Erst nach seinem Tod begann sie ihre Liebe zu Pflanzen mit Papierschnitt zu verbinden und ihre Blumen-Mosaike zu erstellen, bis sie am 15. April 1788 starb. Ab 1980 sind die ersten Bücher über sie erschienen, der Artikel, den ich heute gelesen habe aus dem Jahr 1976 ist also eine Veröffentlichung, die noch vor denen ihrer Nachfahren erschienen ist. © 2025 Dr. Birgit Ebbert www.vergessene-frauen.de

Weitere Information und viele Bilder auf der Seite des British Museum 

Die Blumen-Mosaike habe ich übernommen von WikiCommons

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