In meinem Roman „Ein Geschenk fürs Leben“ erzählt die historische Protagonistin unter anderem von Emily Hobhouse, die nach dem Ersten Weltkrieg in Leipzig mit Mitteln von „Save the Children“ Schulspeisungen eingeführt hat. Damals war sie sechzig Jahre alt und hatte schon einige Jahrzehnte Engagement für Frauen und Kinder hinter sich, das unter anderem dazu führte, dass eine Stadt nach ihr benannt wurde.
Aus Großbritannien in die Welt

Emily Hobhouse wurde am 9. April 1860 in der Region Cornwall geboren und in dem abgelegenen Ort, in dem die Familie lebte, von Hauslehrern unterrichtete. Ihre Mutter starb, als sie zwanzig war, danach hat sie sich vierzehn Jahre um ihren kranken Vater gekümmert, der eine bedeutende Position in der anglikanischen Kirche innehatte. Da ist es nicht verwunderlich, dass sie nach dem Tod des Vaters 1895 auf Anraten des Erzbischofs von Canterbury in die USA reiste, um in Minnesota als Sozialarbeiterin tätig zu werden. Dabei lernte sie John Carr Jackson kennen, mit dem sie nach der Heirat eine Farm in Mexiko führen wollte, die unter anderem von ihrem Geld gekauft wurde.
Aus der Verlobung wurde jedoch nichts und so kehrte sie 1898 ohne Mann, ohne Geld und ohne Aufgabe hach England zurück. Als 1899 in Südafrika der Zweite Burenkrieg ausbrach, bot ihr ein britischer Abgeordneter an, als Sekretärin der Frauengruppe eines Hilfskomitees nach Südafrika zu reisen und dort die Bedingungen von burischen Frauen und Mädchen in den Lagern der Briten zu erkunden. Sie meldete nach Großbritannien, dass in den 45 von ihr besuchten Lagern unmenschliche Zustände herrschten. Während Regierung und Verwaltung davon nichts hören wollten, nahmen Opposition und Medien diese Informationen gerne auf. Am Ende blieb der Regierung nichts anderes übrig, als eine eigene Untersuchung vorzunehmen, beauftragt wurde damit die Sufragette Millicent Garrett Fawcett (1847-1929), die die Eindrücke von Emily Hobhouse bestätigte.
Während des Krieges wurde Emily Hobhouse eine erneute Einreise verwehrt, erst nach Abschluss des Friedens zwischen Briten und Buren im Mai 1902 ließ man sie wieder ins Land einreisen. Zwischen 1903 und 1905 gründete sie in Südafrika 27 Schulen für die Textilherstellung, die den Frauen Spinnen und Weben vermittelten und damit eine Basis boten, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Aus gesundheitlichen Gründen musste sie ihren Aufenthalt auf dem afrikanischen Kontinent abbrechen. Die südafrikanische Regierung bedankte sich für das Engagement, indem Emily Hobhouse 1921 die Ehrenbürgerschaft der Nation bekam und schon zu ihren Lebzeiten die Stadt Hobhouse nach ihr benannt wurde. Nach ihrem Tod am 8. Juni 1926 in London wurde ihre Asche nach Südafrika gebracht, wo sie in einer Nische in dem Womens Memorial Monument in Bloemfontain beigesetzt wurde. Während man in Südafrika an regen Anteil am Tod der Nationalheldin nahm, war dieser den Engländern nicht einmal einen Nachruf wert.
Das Engagement Emily Hobhouse in Deutschland
Mir ist Emily Hobhouse bei der Recherche für meinen Roman über Eglantyne Jebb begegnet, in Artikeln und Büchern wurde erwähnt, dass sie von dem in der Nähe von Leipzig wohnenden Zoologen Prof. Richard Woltereck, diese konkrete Information habe ich in meinem Roman weggelassen 😊, bei einem Aufenthalt in Bern eingeladen wurde, sich in Leipzig einen Eindruck von den Not der Kinder zu verschaffen. Mitte November ist sie dann tatsächlich nach Leipzig gereist und war überzeugt, dass hier eine Speisung für die Kinder nötig ist, um sie vor dem Verhungern zu retten. Sie selbst hat dafür in Großbritannien Spenden gesammelt und Eglantyne Jebb bzw. Save the Children von der Hilfsmaßnahme überzeugt.
Als Mitte 1920 die Gelder aufgebraucht waren, hat sie die Schulspeisung weitergeführt, indem sie u. a. die südafrikanischen Frauen, denen sie vorher zu einem selbstständigen Leben verholfen hatte, um Unterstützung bat. So konnte die Schulspeisung bis zu den Sommerferien 1922 weitergeführt werden. In der Zeit ihres Engagements wurden ca. 5,5 Mio Essensportionen an Schulkinder ausgegeben, wodurch sich laut Abschlussbericht des zuständigen Komitees „der körperliche und geistige Zustand der Kinder“ wesentlich besserte. Emily Hobhouse sammelte nicht nur Spenden, damit das Personal Speisen wir „Grüne Erbsen mit Möhren und Schichtsemmeln“, „Bouillonreis mit Franzbrot“ zubereiten konnte. Sie sorgte auch dafür, dass die Speisesäle aus den Kellerräumen herauskamen und organisierte Weihnachtsgeschenke für die Kinder aus Großbritannien und Neuseeland. Dennoch stellte die Stadt Leipzig in ihrem Porträt fest: „Die Erinnerung an die Verdienste dieser Frau für die Schulkinder in Leipzig erlosch jedoch nach ihrem Tod 1926 fast vollständig.
Für mich auf jeden Fall eine Frau, an die man sich erinnern sollte, denn man darf nicht vergessen, ihr Engagement zielte auf die Frauen und Kinder der ehemaligen „Feinde“ – das waren für die Briten nach dem Burenkrieg die Menschen aus Südafrika und nach dem Ersten Weltkrieg die Deutschen. Dennoch hat Emily Hobhouse es geschafft, genügend Mittel für ihre Aktionen zu beschaffen und in Leipzig 11.000 Kinder vor dem Verhungern oder Entwicklungsstörungen durch Hunger zu bewahren! © 2025 Dr. Birgit Ebbert www.vergessene-frauen.de – www.birgit-ebbert.de
Links über Emily Hobhouse
Seite über Emily Hobhouse (www.thestoryofemily.com)
Das Titelfoto ist ein Auszug aus dem Bild aus der Illustrierten Zeitung 1920 & die Porträtfotos stammen aus WikiCommons.